Boisheimer Schützenfamilie feierte „Wir sind Dorfleben“

Ein unvergessliches und langes Wochenende liegt hinter der St. Petri Schützenbruderschaft Boisheim 1622 e.V., die seit Fronleichnam ihre bewegte 400-jährige Historie feierte.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker

Viersen-Boisheim – Zunächst ein Blick zurück, denn wann kann man schon mal ein 400-jähriges Jubiläum feiern. Eine bewegte Geschichte über die Jahrhunderte hinweg, wie auch Manfred Wynands als 1. Brudermeister findet und darauf in dem Grußwort der diesjährigen Festschrift hinweist: „Ähnlich wie unser Heimatort Boisheim sich über die Jahrhunderte verändert, entwickelt und gewandelt hat, so hat auch unsere Bruderschaft es immer wieder geschafft, sich auf Basis ihres Leitsatzes und mit Blick auf ihre Tradition weiterzuentwickeln. Grade in Zeiten einer immer stärkeren globalen Vernetzung, in denen jegliche Information nur einen Mausklick entfernt ist, werden Traditionen und Brauchtum zu wichtigen identitätsstiftenden Werten.“

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der Ursprung der Bruderschaft geht auf Zeiten zurück, in denen man als Dorfgemeinschaft in Not und Gefahr aufeinander angewiesen war. Gründet wurde die Bruderschaft 1622 nämlich zur Verteidigung Boisheims, es ist allerdings davon auszugehen, dass die Gemeinschaft bereits viel früher zusammenfand.

Ein erhaltener Schuldschein im Pfarrarchiv weißt ein durch die Bruderschaft gewährtes Darlehen bereits im Jahr 1960 aus. Heute ist jedoch nicht mehr nachweisbar, ob es sich zu diesem Zeitpunkt bereits um eine Schützenbruderschaft oder um eine rein religiöse Bruderschaft gehandelt hat. Das ursprüngliche Ziel der Gründung ist dagegen heute noch bekannt: Der Schutz des heimatlichen Dorfes vor Gefahren.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Aktuell sind 130 Mitglieder in der St. Petri Schützenbruderschaft Boisheim 1622 e.V. beheimatet, an dessen Spitze in diesem Jahr Jubiläumskönig Alexander Holthausen mit seinen Ministern Andreas Toerschen sowie Christian Gotzen und Königsadjutant Thomas Inderfurth stehen.

Bereits vor zwei Jahren wollte Alexander Holthausen die Königswürde ausgiebig begehen, Corona sorgte dann allerdings für eine Verlängerung der Amtszeit um weitere zwei Jahre. Übrigens nicht das erste Mal, dass die Bruderschaft die gewohnten Wege verlassen musste, bereit 1987 wurde der Drei-Jahres-Rhythmus ausgesetzt, als der 500. Weihetag der Pfarrkirche St. Peter begangen wurde.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Unter den Gratulanten finden sich hochkarätige Namen, darunter Bischof Helmut Dieser. „In einer Welt, die immer schneller und zum Teil flüchtiger wird, scheint es kaum vorstellbar, dass etwas Menschengemachtes bereits 400 Jahre lebendig ist“, so der Aachener Bischof. „Das ‚Für Glaube, Sitte, Heimat‘ soll im Jubiläumsjahr zum Leuchten kommen. Dass es eben menschenfreundlich ist, lebensförderlich, Identität stiftend, Gemeinschaft stärkt und Menschen in gutem Geist zusammenwachsen lässt.“

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Gute und schlechte Zeiten hat die Boisheimer Schützenfamilie erlebt, die nun hofft, dass die über 70-jährige Phase des friedlichen Miteinanders seit dem ersten Schützenfest nach dem Zweiten Weltkrieg noch lange anhält und sich auch in Zukunft noch begeisterte Schützenbrüder finden, die die Schützenbruderschaft auch zum 500-jährigen Jubiläum führen.

Eine starke Gemeinschaft und ein fester Zusammenhalt, der nicht nur am Sonntagmorgen bei der Königsparade und dem anschließenden großen Zapfenstreich spürbar war. Apostel Petrus hatte hierzu bestes Paradewetter geschickt und die Temperaturen für das diesjährige Jubiläumsmotto „Wir sind Dorfleben“ etwas heruntergefahren.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Die Boisheimer Bruderschaft und ihre Gruppen hielten nämlich nicht nur die traditionell bekannte Königsparade ab, eine „freie Paraderunde“ mit einem besonderen Programm sorgte für viel Freude auf dem Kirchplatz. Ob nun die Junggesellen mit Eierlaufen, Bierflaschentragen sowie einer Raterunde bei „Schlag den König“, die Marine mit ihrem eigenen Song und passendem Rum oder die Boisheimer Heeresflieger stilecht mit Flieger und Rauchzeichen – jede Gruppe der Schützenbruderschaft begeisterte mit ihrer Aktion. Ein fantasievolles Unterfangen, welches auch bei der Manöverkritik des Königs positiv anklang fand.

Gefeiert wurde dennoch mit einem großen Verlust, den die Schützen mit einer schwarzen Schleife sichtbar machten. Getrauert wurde um den 62-jährigen Karl Gotzen. Goten war seit 1990 im Vorstand der Bruderschaft und hatte von 2007 bis 2013 die Ehre des ersten Brudermeisters inne, war zuletzt Mitglied des Männerzuges. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming