Die Karnevalsgesellschaft Blau-Wette Jonges e. V. 1959 Viersen lud am gestrigen Freitag zu ihrer karnevalistischen Galasitzung ins Festzelt an der Sittarder Straße – und die Jecken ließen sich nicht lange bitten. Unter dem Motto „BWJ im Wunderland“ feierten die Blau-Wette Jonges ihr 66-jähriges Bestehen mit einem restlos ausverkauften Haus und einem mitreißenden Programm, welches das Zelt zum Kochen brachte.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming
Viersche – Hach, wie schön, endlich wieder Karneval … Die Blau-Wette Jonges eröffneten die Sitzung mit einem imposanten Einmarsch, der den Saal mit einer elektrisierenden Mischung aus jecken Klängen, schillernden Kostümen und stolzen Ehrensenatoren schlagartig in Feierlaune versetzte. Unter Jubel und rhythmischem Klatschen der Gäste marschierten die Mitglieder ein und sorgten für einen Auftakt, der alle Augen auf sich zog. Dirk Hechel, seines Zeichens zweiter Vorsitzender der Gesellschaft, griff mit großer Freude zum Mikrofon, schließlich war das Festzelt voll besetzt und alle wollten das wunderbare Jubiläum der närrischen 6 x 11 Jahre gemeinsam mit den Blau-Wetten Jonges feiern.
Kaum war das Publikum in bester Laune, folgte ein feierlicher Höhepunkt, der die Herzen der Anwesenden höherschlagen ließ: Schließlich wurde Michael Reiners als Ehrensenator der Session 2024/2025 vorgestellt (die Ernennung selbst wurde im Vorfeld beim Ordensabend gefeiert). Den Beifall gab es nochmal im Festzelt und zum krönenden Abschluss dieses besonderen Moments präsentierte die Garde der Blau-Wette Jonges eine mitreißende Tanzdarbietung in ihren niegelnagelneuen Uniformen. Mit gekonnten Schritten, eleganten Figuren und einer sichtbaren Freude am Tanz begeisterten die Tänzerinnen das Publikum … Applaus erfüllte den Raum – ein würdiger Start in einen unvergesslichen Abend, an dem für die Zugabe der heimischen Garde auch die anwesenden FKV-Mitglieder das Tanzbein schwangen.
Nochmals emotional wurde es dann auch, als das Prinzenpaar Jürgen I. und Ela I. (immerhin aus den eigenen Reihen der Blau-Wette Jonges stammend) gemeinsam mit der Prinzengarde der Narrenherrlichkeit Viersen die Bühne betrat. Auch der Vierscher Kinderprinz Cilian I. (ebenfalls Mitglied der Blau-Wette Jonges) zeigte gemeinsam mit seiner Prinzessin Marisa I. eindrucksvoll, dass die Zukunft des Karnevals in guten Händen liegt.
Dem Nachwuchs gebührte der erste Tanz, woran sich die Prinzengarde anschloss, bevor Anna-Lena, die Regimentstochter der Vierscher Prinzengarde, mit beeindruckenden Sprüngen dem traditionellen Gardetanz neuen Schwung gab. Und dann durfte natürlich auch die legendäre Zugabe der Prinzengarde nicht fehlen, die kurzerhand die beiden Prinzen mit in ihre Darbietung einband.
Nach den heimischen Gewächsen schloss sich die nächste Stimmungskanone an, schließlich brachte Handwerker Peters mit einer Mischung aus scharfem Witz und Alltagsnähe das Publikum zum Lachen. Schnell füllte sich das Zelt mit einer Mischung aus Neugier und Vorfreude – und er enttäuschte nicht. Mit seinem unverkennbaren Humor, einem Hauch Selbstironie und messerscharfer Beobachtungsgabe nahm er die Welt humorvoll auseinander. „Der Lachkräfte-Mangel wird behoben!“ – mit diesem Versprechen startete er in einer spritzigen und spitzenreichen Rede, die schon nach wenigen Minuten die Lachmuskeln des Publikums auf Hochtouren brachte.
Handwerker Peters erklärte mit unnachahmlicher Präzision, warum Handwerker theoretisch alles können, praktisch jedoch meist erst nach vier Anrufen auftauchen. Seine Vergleiche und Anekdoten aus dem Alltag sorgten dafür, dass sich viele Zuschauer selbst in seinen Geschichten wiederfanden – sei es als Kunde oder als „heimlicher Handwerker“ im eigenen Haushalt. Nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht!“ zeigte er auf amüsante Weise, dass in jedem von uns ein kleiner Heimwerker steckt, auch wenn die Ergebnisse nicht immer professionell aussehen. Wenn er die Kelle gegen das Mikrofon tauscht, wird aus dem Bauprofi ein Entertainer, der das Publikum nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken bringt.
Musikalisch begeisterte dann zunächst „Kempes Feinest“ mit energiegeladenem kölschem Sound. Kempes Feinest, eine Musikgruppe aus Grevenbroich, brachte frischen Wind in die karnevalistische Musikszene und ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Kölner Karnevals. Der Name der Band ist eine liebevolle Hommage an Peter „Kempes“ Kempermann, den ehemaligen Frontmann der Band Rabaue und Vater der charismatischen Sängerin der Gruppe, Nici Kempermann. Mit diesem emotionalen Bezug verbinden sie Tradition und Moderne und begeistern Fans von jung bis alt.
Gegründet Ende 2014, besteht Kempes Feinest aus einer talentierten und energiegeladenen Besetzung: Frontfrau Nici Kempermann mit ihrer kraftvollen und zugleich gefühlvollen Stimme, Tom Ederer an der Gitarre, Victor González am Schlagzeug, Thomas Gwosdz am Keyboard und Vincent Themba am Bass. Zusammen bilden sie eine Einheit, die auf der Bühne für unvergleichliche Stimmung sorgt.
Ihr Durchbruch kam mit der Veröffentlichung ihrer ersten selbstproduzierten EP Lossjelosse, die schnell die Herzen des Publikums eroberte. Im Februar 2017 brachte die Band ihr erstes Album DOCH ISSO heraus. Ihre Songs sind nicht nur tanzbar, sondern auch voller Lebensfreude und Energie, die das Publikum unweigerlich anstecken.
An sie schloss sich das Tanzcorps der GKG Krefeld 1878 e. V., welches an diesem Abend eine beeindruckende Darbietung bot, die das Publikum von der ersten Sekunde an in ihren Bann zog. Mit rund 40 aktiven Tänzerinnen und Tänzern präsentierte das Ensemble eine harmonische Kombination aus klassischem Paartanz, spektakulären akrobatischen Einlagen und anmutigen Soloperformances. Jedes Detail – von der Präzision der Bewegungen bis hin zur Auswahl der Musik – zeugte von höchster Professionalität und Leidenschaft für den Tanz.
Besonders die Tanzpaare des Corps bestachen durch ihre elegante Choreografie, bei der klassische Elemente fließend mit modernen Akrobatik-Sequenzen verbunden wurden. Mit kunstvollen Figuren, Schwüngen und Hebefiguren brachten sie Dynamik und Anmut auf die Bühne. Die Tanzmariechen verzauberten hingegen mit einer beeindruckenden Vielfalt an Schritten und Bewegungen. Das Geheimnis ihres Erfolgs liegt in der intensiven Vorbereitung und dem unermüdlichen Engagement ihres Trainerstabs. Kein Workshop wurde im vergangenen Jahr ausgelassen um neue Techniken, Schritte und Kombinationen zu erlernen und in die Choreografien einzubinden.
Die Funky Marys – fünf Frauen, fünf Stimmen, fünf Jahreszeiten – sind ebenfalls ein unverzichtbarer Bestandteil der kölschen Karnevalsszene und weit darüber hinaus bekannt. Andrea Schönenborn, Yvonne Schönenborn, Tabea Scholdan, Anja Keul und Melissa Lübke bilden gemeinsam diese mitreißende Formation, die seit über zwei Jahrzehnten das Publikum begeistert. Mit ihrer Mischung aus kraftvollen Stimmen, charismatischer Ausstrahlung und authentischer kölscher Lebensfreude schaffen sie es, jede Bühne in eine Partyzone zu verwandeln. Mit rund 200 Live-Auftritten pro Jahr, unzähligen TV- und Radioauftritten sowie einer beeindruckenden Bühnenpräsenz, sind ihre Auftritte eine wunderbare Symbiose aus Tradition und moderner Unterhaltung.
Ihre musikalische Vielfalt und die einzigartige Fähigkeit, mit ihren Liedern direkt ins Herz ihres Publikums zu treffen, machen die Funky Marys zu einer Bereicherung für jede Veranstaltung und so sollte es auch im Roahser sein. Mit dabei hatten sie Ohrwürmer, die lange nicht verhallen sollten. Danze, En Woche lang wach, Nur met dir oder Föhls du dat och? sind Hits, die nicht nur zur Karnevalszeit auf der Playlist vieler DJs zu finden sind.
Tja und dann … was schreibt man eigentlich, wenn ein großer Künstler die karnevalistische Bühne verlässt? Bruce Kapusta hat sich als Trompeter und Entertainer nicht nur einen festen Platz im Herzen der Karnevalisten gesichert, sondern auch auf den großen Bühnen der internationalen Musikszene beeindruckende Erfolge gefeiert.
Seine musikalische Reise begann bereits in jungen Jahren, als er das Trompetenspiel auf einem Kornett erlernte. Früh zeigte sich sein außergewöhnliches Talent, das ihn zu einer professionellen Ausbildung führte. Schon bald entschied er sich seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, und tauschte seinen ursprünglichen Job als Anlagenelektroniker gegen eine Karriere in der Musik ein.
Kapustas Talent und Bühnenpräsenz eröffneten ihm zahlreiche Möglichkeiten: So begleitete er den renommierten Star-Tenor Peter Hofmann auf Tournee und trat als Special Guest bei Größen wie Helmut Lotti und Deborah Sasson auf. Seine Kunst wurde nicht nur auf Konzertbühnen, sondern auch bei hochrangigen Veranstaltungen gewürdigt. Seit 1997 ist Bruce Kapusta ein gern gesehener Gast in Funk und Fernsehen. Ob in großen Unterhaltungsshows oder bei besonderen musikalischen Projekten – sein Charme und seine musikalische Vielseitigkeit begeistern ein breites Publikum. Besonders im Karneval hat er sich als „der Clown mit seiner Trompete“ seit 1995 einen Namen gemacht. Seine Auftritte, die stets von Humor, Virtuosität und einer preisgekrönten Nostalgie geprägt sind, haben ihm Kultstatus in die Fastelovend-Szene eingebracht.
Doch Kapusta steht nun an einem Wendepunkt seiner Karriere. Mit der Saisoneröffnung 2024/2025 kündigte er seinen Rückzug von der Karnevalsbühne an. Dieser Schritt wurde von seinen Fans mit gemischten Gefühlen aufgenommen – einerseits Bedauern über das Ende einer Ära, andererseits Respekt für seine Entscheidung. „Du verlässt die Bühne nicht, du wechselst sie nur“, erklärte Kapusta und ließ durchblicken, dass seine kreative Reise noch lange nicht zu Ende ist.
Mit ihrem spektakulären Programm „Gefallene Engel – die letzte Versuchung“ lieferte die Showtanzgruppe High Energy einen weiteren Stimmungsschub. Die mehrfachen Deutschen Meister beeindruckten das Publikum mit einer Darbietung, die alle Facetten des modernen Showtanzes meisterhaft vereinte. Ihre Choreografie war bis ins kleinste Detail durchdacht und setzte neue Maßstäbe in Präzision und Ausdruckskraft. Jede Bewegung, jeder Sprung und jede Hebefigur schienen mühelos, doch dahinter steckte sichtlich monatelang harte Arbeit und perfektes Teamwork.
Besonders hervorzuheben ist die tänzerische Vielfalt, die High Energy bei ihrem Auftritt präsentierte. Vom dynamischen Gruppentanz bis hin zu spektakulären Hebefiguren und akrobatischen Elementen … die Darbietung „Gefallene Engel – die letzte Versuchung“ bewies, warum High Energy bereits sechs Mal den Titel des Deutschen Meisters im Showtanz gewonnen hat.
Den krönenden Abschluss des Abends bot Timo Schwarzendahl, der mit kölschen Hits wie „Et Lala Leed“ und „Et jitt nor Kölle för mich“ die Herzen der Gäste eroberte und den Saal noch einmal in einen singenden und tanzenden Hexenkessel verwandelte. Timo Schwarzendahl ist eben ein kölscher Jung durch und durch, dem der Karneval sprichwörtlich in die Wiege gelegt wurde. Bereits im zarten Alter von drei Jahren verfiel er dem Jecken Treiben und machte seine ersten Erfahrungen im Fastelovend als Tänzer. Bis zu seinem elften Lebensjahr wirbelte er voller Freude über die Bühnen, bevor er sich schließlich einen Herzenswunsch erfüllen konnte: In der Session 2011/2012 wurde er Kinderprinz in Hürth-Berrenrath. Diese Zeit als Kinderprinz war für Timo nicht nur ein Höhepunkt, sondern auch eine prägende Erfahrung. Zum Abschluss dieser besonderen Phase durfte er mit niemand Geringerem als Tommy Engel und dessen Band beim Soundcheck im Frechener Tanzbrunnen singen – ein Moment, der ihm als großer Fan unvergesslich blieb.
Der nächste Meilenstein folgte im Mai 2013, als Timo bei den Shows von „Künstler helfen Kindern“ zum ersten Mal die richtige Bühnenluft schnupperte. Zusammen mit Helmut Engeln performte er das eigens für diese Shows komponierte Lied „Kinderlaache“. Hier entdeckte Timo endgültig seine Leidenschaft für den Gesang und die Magie der Bühne. Ein prägendes Erlebnis, das seinen weiteren Weg maßgeblich beeinflussen sollte. Mit seiner unverwechselbaren Stimme, seiner authentischen Kunst und seiner spürbaren Leidenschaft für die kölsche Kultur begeisterte Timo Schwarzendahl sein Publikum auch in Viersen. Ob auf kleinen Vereinsbühnen oder bei großen Karnevalsveranstaltungen – Timo bringt das kölsche Hätz zum Schlagen und schenkt seinem Publikum unvergessliche Momente.
Mit ihrer Jubiläums-Galasitzung zum 66-jährigen Bestehen setzte die Blau-Wette Jonges ein leuchtendes Ausrufezeichen in der Viersener Karnevalsgeschichte. Von emotionalen Momenten bis hin zu ausgelassenem Jubel: Das Programm der Jubiläums-Galasitzung im Festzelt führte die Zuschauer durch die gesamte Bandbreite dessen, was den Karneval ausmachte. So war der Abend nicht nur ein Rückblick auf 66 Jahre Vereinsgeschichte, sondern auch ein Ausblick auf eine vielversprechende Zukunft, in der der Karneval in Viersen weiterhin erstrahlen wird. (nb)