Mit 30 oder 100 Joar ist mit der Grossen Viersener Karnevalsgesellschaft joot te fiere

Der närrische U100-Seniorennachmittag der Grossen Viersener Karnevalsgesellschaft präsentierte nach zwei Jahren Corona-Pause nicht nur ein abwechslungsreiches Programm bei Kaffee und Kuchen. Es zeigte sich ebenfalls bei der Veranstaltung, dass es für das jecke Brauchtum keine Altersbegrenzung gibt.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen

Viersche – Die Tische geschmückt mit bunten Servietten und Luftschlangen, Kirsch-Streusel, Apfelkuchen & Co. reihten sich abwechselnd auf den Tellern ein – die Damen der Gesellschaft hatten Festhalle geschmückt für den mittlerweile 15. U100-Seniorennachmittag der Grossen Viersener Karnevalsgesellschaft. Feiern bis in den Nachmittag hinein, das war garantiert für die Gäste.
Für einen kleinen Eintrittspreis präsentierte die Gesellschaft nicht nur ein hochkarätiges, närrisches Programm für die Seele, auch für den Magen hatte sie Passendes vorbereitet. So standen bereits eine gute halbe Stunde vor Öffnen der Türen die ersten „Best-Ager“ bereit und warteten geduldig, die Kälte schien nichts auszumachen.

Foto: Rheinischer Spiegel

Die Menschentraube wuchs beharrlich, während in der Festhalle die letzten Handgriffe vorgenommen wurden. Kaum war Einlass gewährt, strömte die geballte Erfahrung jecker Generationen herein, um gemeinsam endlich wieder feiern zu können. Empfangen auf der Bühne wurden sie erstmals in diesem Jahr von Sänger und Moderator Detlef Belk, der nach vierzehn Jahren auf den bekannten Stimmungsmacher Frank Schippers (Schippi) folgte.

Begleitet zunächst von Liedern aus der „Konserve“, bei denen jeder ein Stück Erinnerung fand und die Texte in den Herzen eingeschlossen sind, waren Kaffee und Kuchen fast zweitrangig. Die beliebte Gesellschaft veranstaltet bereits seit vielen Jahren ihren Nachmittag, mit dem sie für die ältere Generation ein besonderes Highlight geschaffen hat.

Auf der Bühne kennt er sich aus … Sänger, DJ und Moderator Detlef Belk. Foto: Rheinischer Spiegel

Präsident Rainer Zaum und Gardekommandant Hans-Peter Schroers waren es, die gemeinsam für den Vorstand der „Blauen“ den Nachmittag eröffneten und von der Bühne aus einen fantastischen Blick auf eine gut gefüllte Festhalle hatten. Bis in die hinterste Ecke der Tische strömte der Jubel, beste Stimmung um neben der Gesellschaft auch das große Prinzenpaar aus Alt-Viersen zu empfangen, bei dem es sich Prinz Lothar II. die Gelegenheit nicht nehmen ließ erneut auf die aktuelle Kunstversteigerung für das Don-Bosco-Heim Viersen hinzuweisen.

Der GVK-Vorstand lud ein bei der mittlerweile 15. Seniorensitzung einige gemeinsame, unbeschwerte Stunden zu erleben. Foto: Rheinischer Spiegel

Nun kann man dem Prinzen nur selten einen Wunsch abschlagen und so füllte sich der „herumwandernde Hut“ im Laufe der Veranstaltung, mit einer kleinen Aufrundung, mit stolzen 500 Euro, die der Viersener Einrichtung zugutekommen. Dass dabei auch ein tänzerischer Auftritt der närrischen Tollitäten nicht fehlen darf, ich fast selbstverständlich. Ebenso wie der vorangehende, mitreißende Tanz der weiblichen GVK-Tanzgarde wurden die heimischen Gewächse mit Jubel belohnt.

Die Tanzgarde der „Blauen“ sorgte für einen furiosen Auftakt der diesjährigen Seniorensitzung. Foto: Rheinischer Spiegel

Ein gekonnter Auftritt, mit dem das Bühnenprogramm dann so richtig starten konnte, schließlich hatte die Grosse Viersener Karnevalsgesellschaft wieder ein abwechslungsreiches Programm aus heimischen Gewächsen und großartigen Künstlern aus der närrischen Showszene zusammengestellt. So war der erste Teil des Nachmittages „nur“ ein kleines Schmankerl auf das noch Kommende, dem der bekannte Redner Martin Schopps voranging.

Eine wichtige Aktion ist die Kunstversteigerung für das Viersener Don-Bosco-Heim. Foto: Rheinischer Spiegel

Den Karnevalisten ist der Name bekannt, stand doch bereits sein Vater erfolgreich auf den närrischen Bühnen. Mittlerweile ist auch Martin Schopps seit zwanzig Jahren fester Bestandteil der 5. Jahreszeit und der studierte Lehrer zählt zu den gefragtesten Rednern im Rheinland. Sympathisch und mit dem Schalk im Nacken war es für ihn eine Leichtigkeit das Publikum zu fesseln.

Aktuelle Themen griff er kunstvoll auf und formte sein Bild vom Jahr 2040: „Coronavirus endlich fott, aber traurig, 80 % der Ehen kapott. Durch das plötzliche Ende der Maskenpflicht, sahen viele zum ersten Mal dem Partner sein Gesicht …“ Der Saal lachte und das war gut so, denn eines, da ist sich Martin Schopps sicher: Lachen darf auch und vor allen Dingen gerade, in dieser Zeit sein.

Auch Frank Schiffers, als Senatspräsident des Festausschusses Viersener Karneval ergriff gerne das Wort. Foto: Rheinischer Spiegel

Skurrile Alltagskomik, die in die Musik des Saxophons von Dä Engelbäät, im bürgerlichen Leben Engelbert Wrobel, überging. Dieser war übrigens nicht das erste Mal zu Gast auf einem Seniorennachmittag der GKV und freute sich den einen oder anderen wiederzusehen. Kölsche Tön mit Saxofon hatte der Vollblutmusiker im Gepäck, der auf ein abgeschlossenes klassisches Klarinettenstudium verweisen kann und bereits mit zehn Jahren seinen ersten Auftritt als Büttenredner absolvierte.

Mittlerweile ist auch Martin Schopps seit zwanzig Jahren fester Bestandteil der 5. Jahreszeit und der studierte Lehrer zählt zu den gefragtesten Rednern im Rheinland. Foto: Rheinischer Spiegel

Der Aufforderung des Künstlers zum Schunkeln und Mitsingen kam das Publikum gerne nach, das schließlich auf der Bühne ein Urgestein des Karnevals begrüßen konnte. Er untermalte musikalisch den Chor der Gäste, die nicht lange zögerten. Einige Texte vergisst man eben nie … „En d′r Kayjass Nummero Null, steit en steinahl Schull, un do hammer dren studiert. Unsere Lehrer, dä heess Welsch, sproch e unverfälschtes Kölsch, un do hammer bei jeliehrt.“

Skurrile Alltagskomik, die in die Musik des Saxophons von Dä Engelbäät, im bürgerlichen Leben Engelbert Wrobel, überging. Foto: Rheinischer Spiegel

Ja, Kölsch könne die Vierscher und das sogar joot. Kölsch verston war nämlich Pflicht beim nächsten Bühnenkünstler. Eine Rede geprägt von einem Lacher nach dem anderen und von einer klaren Botschaft: „Ein Humorist muss zu seinen Inhalten stehen!“ Übrigens hat JP Weber tatsächlich während seines Studiums in Viersen gewohnt und ist täglich zum Studium in die Niederlande gereist. Heute hat er es besser und wohnt über einem Brauhaus, das Bier könnte ja mal im Kühlschrank ausgehen. Kölsch wird bei ihm hochgehalten und er sagt, was er denkt – nicht immer zur Freude anderer Städte wie Leverkusen, sie seiner Meinung klar nicht zu Köln gehören.

Kölsch wird bei ihm hochgehalten und er sagt, was er denkt. Foto: Rheinischer Spiegel

Seine heißeren Themen sorgen gerade in Köln schon mal für Diskussionsbedarf, in Viersche wurde der Büttenredner dagegen mit seiner Sprache und Identität herzlichst aufgenommen. Lässt man nämlich die Befindlichkeiten außen vor, dann ist sein Auftritt eine faszinierende Zeitreise durch die kölsche Sprooch und ein echtes Erlebnis.
Wer dabei hinter seinen eigenen Auftritt blickt, der erfährt zudem, dass JP Weber erfolgreich für zahlreiche Kölner Bands komponiert – ein kleiner Hinweis gibt dabei die Mandoline, die ein Geschenk von keinem Geringeren als Hans Süper war, der die närrische Bühne im Dezember vergangenen Jahres für immer verlassen hat.

Sie tanzen dort, wo die Stars der jecken Szene ihre ersten Schritte machen und auf die Lacher des Publikums hoffen. Foto: Rheinischer Spiegel

Von Kölle ging es nach Kölle … oder Viersche … denn die Damen der Fauth Dance Company sind längst nicht mehr nur in ihrer Heimatstadt bekannt. Sie tanzen dort, wo die Stars der jecken Szene ihre ersten Schritte machen und auf die Lacher des Publikums hoffen. Sie tanzen dort, wo Funk und Fernsehen die großen Galasitzungen des Rheinlands aufzeichnen. Dass sie Garant für gute Laune auch in der Festhalle waren, unterstrichen die Senioren mit tosendem Applaus und Handküssen für die nächste Generation energiegeladener Tänzerinnen.

Der Saal wollte feiern und Markus Rey gab das Fundament dazu mit kölschen Klassikern sowie eigenen Stücken. Foto: Rheinischer Spiegel

Den Abschluss des diesjährigen, erfolgreichen U100-Seniorennachmittags gestaltete zu frühabendlicher Stunde dann ungewohnter Weise nur eine Person. Eigentlich kennen die Vierscher Markus Rey nämlich nur in einer Combo mit seinem Bruder und dann als „Die Jungen Trompeter“. Nun allerdings startet der charmante Musiker nach über zwanzig Jahren gemeinsamer Auftritte alleine durch und hat nebenbei zudem in Kerpen die Gaststätte „Zum Trompeter“ eröffnet.

Musik und ein kühles Bierchen passen eben hervorragend zusammen – ob nun an der Theke oder während der Sitzung, die er mit seinen Trompetenklängen dominierte, zum Mitmachen aufforderte und sich dabei keine Absage einhandelte. Ganz im Gegenteil, der Saal wollte feiern und Markus Rey gab das Fundament dazu mit kölschen Klassikern sowie eigenen Stücken, zu denen der Saal nicht nur schunkeln konnte, sondern die zudem im Chor mitgeschmettert wurden. (dt)