Blauensteinstraße: Wo der „Blaue Stein“ Geschichte und Geheimnis birgt

Dülkens lebendige Geschichte … Straßen und Plätze erzählen
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler

Viersen-Dülken – Im Herzen von Dülken schlummert eine Straße voller Historie und Mysterien: die Blauensteinstraße. Seit mindestens dem 18. Jahrhundert in Quellen erwähnt, wurde sie 1892 offiziell in das städtische Verzeichnis aufgenommen. Doch ihr Name lässt tiefere Einblicke zu als nur ein Verweis auf die Straßenführung – er erzählt von einem rätselhaften „blauen Stein“, der dieser Straße ihren Namen gab und bis in die Gegenwart Fragen aufwirft.

Die Blauensteinstraße verbindet den Alten Markt mit der Langen Straße und ist eine der ältesten Straßen Dülkens. Sie durchlebte die Transformation von einem bloßen Trampelpfad in eine gepflasterte Fahrstraße im Jahr 1861, auf der später auch Automobile in steigendem Maße verkehrten. Mit dem steten Wandel der Zeit musste die Straße schließlich den modernen Erfordernissen gerecht werden und erhielt 1911 breite Bürgersteige, um dem zunehmenden Verkehr gerecht zu werden. Doch mit der Fußgängerzone, die 1980 errichtet wurde, kehrte Ruhe ein. Die Straße entwickelte sich zu einer Oase der Begegnung, in der man nun gemächlich entlangschlendern und den Charme der alten Gebäude genießen kann.

Doch was hat es mit dem namensgebenden „Blauen Stein“ auf sich? Über diesen gibt es bis heute in der Heimatliteratur kontroverse Theorien. Einige Experten vermuten, dass es sich lediglich um einen Grenzstein handelte, der den südlichen Rand des Schultheißenhofes markierte. Doch eine andere, weitaus spannendere Theorie besagt, dass der blaue Stein eine historische Gerichtsstätte war. Die Blauensteinstraße könnte demnach eine Stätte mittelalterlicher Rechtsprechung gewesen sein, an der das Gericht unter freiem Himmel urteilte. Dieser „Blaue Stein“, angeblich aus dem edlen Namurer Blaustein gefertigt, soll den Sitz des Vorsitzenden symbolisiert haben – ein Symbol der Würde und Bedeutung, das im Rheinland mehrfach zu finden ist.

So könnte es gewesen sein, dass man hier – unter freiem Himmel, abgeschirmt und geschützt durch ein Seil – Urteile sprach, deren Schwere bis zum letzten Lebenszeichen reichte. Der Überlieferung nach vollstreckte der Henker die Strafe, indem er symbolisch ein Stäbchen über dem Verurteilten zerbrach und ihm die Worte mitgab: „Ich stoße dich an diesen Stein, du kommst nicht mehr zu Vater und Mutter heim.“

Es sind Geschichten wie diese, die die Blauensteinstraße zu einem kulturellen Juwel der Stadt machen. Hier ist die Historie nicht nur in Steinen gepflastert, sondern lebt im Geiste all jener weiter, die über die Jahrhunderte hinweg in der Blauensteinstraße ihre Spuren hinterlassen haben. (sk)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming