Auch nach zwei Jahren Coronapause: Es ist ein ganz besonderes „Jeföhl“, wenn die Karnevalisten sich beim närrischen Frühschoppen der Grossen Viersener Karnevalsgesellschaft treffen. Gemeinsam wird gefeiert und gelacht, fernab aller Unterschiede in den Vereinsfarben sowie von einem hochkarätigen Programm begleitet, welches den närrischen Hochburgen in nichts nachsteht.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming
Viersche – Wenn die Grosse Viersener Karnevalsgesellschaft zu ihrem närrischen Frühschoppen einlädt, dann ist eines garantiert: Das Programm ist hochkarätig und jedes Feierbiest kommt auf seine Kosten. Zum mittlerweile 15. Mal hatte die Gesellschaft nach zwei Jahren Corona-Pause die Einladung in die Viersener Festhalle ausgesprochen und das Publikum kam gerne. Doch nicht nur aus dem Kreis Viersen waren die Gäste angereist, sogar aus Köln und Düsseldorf hatten sich Teilnehmer auf den Weg nach Viersen gemacht – wo es sich doch sonst in der närrischen Zeit eigentlich eher umgekehrt darstellt.
Bereits der Einzug der Gesellschaft zeigte: Die GVK kann Karneval. Minutenlang schoben sich die verschiedenen Gruppierungen des Vereins, angeführt vom Viersener Tambour Corps 1925 e.V. in passend tiefblauen Uniformen, durch die bereits volle Halle am frühen Morgen. Blumen flogen und auch die ersten Bützchen wurden verteilt, bis die erneut gewachsene Karnevalsgesellschaft vollständig auf der Bühne angetreten war. Schließlich wollte der Moment nach zwei Jahren Brauchtumsabstinenz genossen sein.
Auf der sonst in blauen Farbtönen geprägten Bühne stach Sänger, DJ und Moderator Detlef Belk heraus, der lange aufgrund der Pandemie auf seinen Auftritt hatte warten müssen. Traditionell gehörte der erste Teil des Tages der Gesellschaft selbst auf der Bühne, die die amtierenden Prinzenpaare der Gesamtstadt – ob groß oder klein willkommen heißen konnte.
Zuvor allerdings traditionell der Auftritt der eigenen Gesellschaft, schließlich hatte die weibliche Tanzgarde direkt zwei Tänze im Gepäck, für die in den vergangenen Monaten fleißig geübt wurde. Bei der GVK gibt es übrigens kein klassisches Probetraining. Wer mittwochs von 20 – 22 Uhr Zeit hat, mindestens 18 Jahre alt ist und gerne einmal Gardetanz-Luft schnuppern möchte, kann sich gerne bei der GVK melden und jederzeit mitmachen.
Hoher Besuch schloss sich an, denn das Prinzenpaar der Landeshauptstadt Düsseldorf, mit Prinz Dirk II. und Venetia Uasa, feierte bei der GVK das Leben. Beide sind Juristen, arbeiten in der Rechtsanwaltsgesellschaft Quantum bzw. im Innenministerium NRW und sich lange im Karneval aktiv.
Unter die dann folgenden Viersener Prinzenpaare aus Alt-Viersen, Boisheim und das Kinderprinzenpaar Süchteln (Anmerkung der Redaktion: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, lieber Kinderprinz Paul I.) mischten sich zudem weitere Farben mit dem Brüggener Dreigestirn – in dieser Session mit Prinz Stephan Moers, Jungfrau Christian Kroschinski und Bauer Kevin Simons.
Bevor dann wieder die blauen Uniformen überwogen auch in diesem Jahr eine gute Tradition, denn mit 333 Euro unterstützt die GVK bereits seit Langem und regelmäßig den karnevalistischen Nachwuchs, der in dieser Session allerdings nur vom Süchtelner Kinderprinzenpaar repräsentiert wird. Eine Unterstützung gab es dennoch für die Crazy Kids, den Förderverein Kinderkarneval der Roahser Jonges und natürlich die Brook Müerkes mit ihrem Kinderprinzenpaar. In den Vereinen oder Stadtteilen getrennt, aber im Brauchtum vereint, das macht die närrische Zeit aus und das wurde an diesem Tag gefeiert.
Die Stimmung war bereits energiegeladen und das Publikum in Vorfreude auf die kommenden Stunden, als der Vierscher Prinz mit seiner Prinzessin ebenso gekonnt die Füße über den Bühnenboden bewegte wie die Prinzengarde der Narrenherrlichkeit Viersen, während sich im Hintergrund blaue, rote und gelbe Ornate auf der Bühne zu vermischen schienen.
Von den Vertretern der Vereine und den Tollitäten ging es weiter zu den Räubern, der bekannten kölschen Band, die erwartet, die Festhalle ohne Mühe anheizte. „Wenn et Trömmelche jeht“, dann wissen Sänger Sven West, Keyboarder Kurt Feller, Schlagzeuger Thomas Pieper, Gitarrist Andreas „Schrader“ Dorn und Gitarrist Martin Zänder eben genau, wie sie jeden einzelnen Jecken erreichen können.
Eigentlich ebenso wie die Herren mit Charme und gekonnten Schritten, die die schmachtenden Damen an diesem Vormittag übernahmen. Das Fauth Dance Company Gentlemen Ensemble eroberte die Bühne und brachte im Publikum Herzen zum Schmelzen. Ein mitreißender Auftritt aus Tanz, Performance, Entertainment und Energie. Immer wieder neu und anders, aber immer eindeutig Fauth Dance Company. 2017 gegründet haben die Herren die Bühnen längst im Sturm erobert.
Ebenso wenig leer wirkte die Bühne im Anschluss an den begeisternden Auftakt mit der Bass- und Performanceband Druckluft aus Bonn. Laut, bunt und vor allen Dingen live bewegte sich die Blaskapelle fast wie auf einer Achterbahn über die Bühne. Ansteckende Energie schwappen von der Bühne in den Saal, in dem es längst nicht mehr ohne Tanzen, Schunkeln und Mitsingen ging.
Schlag auf Schlag ging es im Programm weiter, für das Publikum gab es keine Chance auf eine Pause, denn auch der nächste Künstler gehört zur A-Klasse der jecken Welt. Viele kennen Torben Klein noch als Mitglied der „Räuber“ oder der Boygroup „Verliebte Jungs“. Der sympathische Sänger und Musiker hat allerdings mittlerweile bewiesen, dass er auch als Solokünstler eine hervorragende Figur macht.
Seine Stücke erobern regelmäßig die Charts und ebenfalls seine im letzten Jahr veröffentlichte Solo-Single „Fründe für et Levve“ schaffte es direkt auf die vorderen Plätze der Top-10-Listen. Er setzte dem Vormittag ein weiteres i-Tüpfelchen auf, welches von den Rabaue nochmals dick unterstrichen wurde.
Gute Laune? Ja, klar! Seit 2001 sind die Rabaue eine feste Größe in der 5. Jahreszeit. Mit mehr als 4.500 Live-Auftritten und Konzerten war die tosende Festhalle für Sänger Peter van den Brock, Schlagzeuger Albert Detmer, Schlagzeuger Alexander Barth, Bassist Benjamin Weißert und Gitarrist Christian Barth nicht mehr als ein raffiniertes Fingerspiel. Fun-Fakt: Ein abgefallener Knopf sorgte an diesem Tag für Ungemach, denn die Rabaue haben zwar so ziemlich alles in ihrem Bus, aber kein Nähzeug. Hier sprang das Brüggener Dreigestirn ein, gekonnt mit Nadel und Faden.
Beides brauchten die Damen der Fauth Dance Company nicht, die in schwarz-roten Outfits und großem Fanclub ihren Einzug sichtlich genossen. Die Ladies, die bereits 1963 von Inge Fauth ins Leben gerufen wurden und auf eine lange und sehr erfolgreiche Tanz- und Showgeschichte verweisen können, machen traditionell seit vielen Jahren auch im altehrwürdigen Kölner Karneval eine gute Figur, umso schöner war es sie in der Heimat live performen zu sehen.
Während draußen beim Kaltgetränk die Karnevalisten mit viel Lachen und Freude zum Schnack zusammenstanden, übernahmen drinnen die Swinging Funfares als letzter offizieller Programmpunkt die Bühne. Mit jecken Klassikern, zu denen der Saal nicht nur tanzen konnte, sondern die zudem im Chor mitgeschmettert wurden, brachten die musikalische Botschafter der Stadt Düsseldorf nochmals einen Stimmungsschub, den das Publikum gerne annahm.
Als sich dann die Grosse Viersener Karnevalsgesellschaft mit routinierten Liedern von Sänger und DJ Detlef Belk an diesem Tag verabschiedete, herrschte eine umfassende Party-Stimmung, die viele der Gäste noch nicht nach Hause gehen ließ – so wiederholte sich ein bekanntes Bild, als die Farben der Ornate sich erneut vermischten. Nicht auf der Bühne, aber an den Theken, denn gemeinsam feiern ist doch doppelt so schön. (nb)