Mitreißend, leidenschaftlich und voller Energie – das 27. Rockfestival „Süchteln brennt“ lockte am Samstagabend im Süchtelner Josefshaus in all seiner Pracht. Fans aus nah und fern strömten in Scharen herbei, um das erste große Highlight des Jahres in vollen Zügen zu genießen. Bereits Wochen vor dem Event hieß es: ausverkauft. Kein Wunder, denn mit einem frischen Line-up und der gewohnt elektrisierenden Atmosphäre erfüllte der Abend alle Erwartungen.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz und Rita Stertz
Viersen-Süchteln – Wie ein Phönix aus der Asche erstrahlte das Josefshaus nach intensiver Vorbereitung, bereit, die Massen mit einem Rundum-sorglos-Rockpaket zu begeistern. Die seit Jahrzehnten bewährte Mischung aus regionaler Verwurzelung und musikalischer Vielfalt lockte erneut zahlreiche Besucher an. Schon lange vor dem offiziellen Einlass lag eine prickelnde Vorfreude in der Luft. Fans tauschen sich aus und stimmen sich gemeinsam auf einen unvergesslichen Abend ein.

Anstatt auf altbekannte Gesichter oder „Wiederholungstäter“ zu setzen, entschied sich das Team um Organisator Markus Heines frischen Wind auf die Bühne zu bringen. Mit einem Line-up, das zwar bereits in der Szene etabliert ist, aber zum ersten Mal Teil des Festivals war, präsentierten sie vier Bands, die mit ihrem individuellen Stil für ein abwechslungsreiches und mitreißendes Erlebnis sorgten. Jede Formation brachte ihre ganz eigene musikalische Handschrift mit.

Mit Emerra trat bei „Süchteln brennt“ eine Band auf, die die Genre-Grenzen zwischen Hardcore, Metal und Progressive Rock neu definiert. Entstanden aus den Reihen bekannter, etablierter Musiker aus dem Rheinland, schaffen Emerra einen einzigartigen Sound, der so tiefgründig wie vielfältig ist. In einer Szene, die oft von Klischees und Stereotypen geprägt ist, gehen sie ihren eigenen Weg und bieten eine musikalische Reise, die weitaus mehr ist als das, was man üblicherweise unter „Metal“ versteht. Ihre Musik lebt von der Kombination aus emotionaler Ruhe und schwerer Lautstärke, die ihnen eine Tiefe und Weite verleiht und die keine Grenzen kennt.
Emerra sind das Ergebnis eines kreativen Zusammenschlusses von drei Musikern, die alle auf langjährige Erfahrungen in etablierten lokalen Bands zurückblicken können. Bassist Stefan Paar war bereits in Bands wie Doreen Skies, Braunkohlebagger und December Youth aktiv, Schlagzeuger Max Lumer spielte in der Metalcore-Band Eleonore und Gitarrist sowie Sänger Fabian Horn war unter anderem bei In Arcane, Killtribe und Syranic tätig. Diese vielseitige musikalische Vergangenheit hat den Mitgliedern von Emerra geholfen sich über die Jahre hinweg weiterzuentwickeln und zu einer Band zu werden, die mit ihren Songs keine einfachen Lösungen bietet. Stattdessen schaffen sie komplexe Musik mit dynamischen Songstrukturen, die sich von den üblichen Erwartungen an den Metal- und Hardcore-Sound abheben.

Bei „Süchteln brennt“ gaben Emerra einen Vorgeschmack auf das, was ihre Musik ausmacht: Ihre Liveshows sind eine unglaubliche Mischung aus energiegeladenem Metal und melodischen, progressiven Elementen, die den gesamten Raum durchfluten. Die Band bewies, dass Metal mehr sein kann als nur laute Gitarren und aggressive Rhythmen – es kann eine Kunstform sein, die ihre tiefere Bedeutung in den emotionalen Schichten und der subtilen Kraft ihrer Musik findet.
Die Band farbfilter. aus Süddeutschland hat sich innerhalb kürzester Zeit eine treue Anhängerschaft erarbeitet und zeigte auf der Bühne von „Süchteln brennt“, warum sie zu den spannendsten Newcomern der Indie-Rock-Szene zählen. Noch nicht lange aktiv, aber bereits mit einer beachtlichen Konzert-Erfahrung und einer Reihe von Singles im Gepäck, haben sie sich mit ihrem Debütalbum als ernstzunehmende Künstler etabliert.
Was farbfilter. von vielen anderen Indie-Rock-Bands unterscheidet sich die Ungezwungenheit und Ehrlichkeit, mit der sie ihre Songs präsentieren. Ihre Musik wird direkt und auf den Punkt gespielt – kein Platz für künstliche Schnörkel oder überflüssige Effekte. Die Band schafft es, mit jeder Note und jedem Wort eine klare Botschaft zu vermitteln, ohne sich in übertriebenen Posen oder aufgebauschten Inszenierungen zu verlieren. Ihre deutschsprachigen Texte sind geprägt von Witz, Ironie und einer feinen Melancholie, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Musikalisch bewegt sich farbfilter. irgendwo zwischen aufwühlendem Post-Punk, beißendem Sarkasmus und beschwingt melancholischer Leichtigkeit. Ihre Songs sind eine Mischung aus aufwühlender Intensität und ruhigen Momenten, die sich zu einem unvergesslichen Hörerlebnis vereinen. Ihre Musik erfordert keine künstliche Aufhübschung – sie kommt mit einer bemerkenswerten Unaufgeregtheit und trifft dennoch mitten ins Herz.
Auf der Bühne von „Süchteln brennt“ wusste die Band, wie sie das Publikum mit ihrer Musik in den Bann ziehen konnte. Ihre Songs zogen die Zuhörer in ihren Bann, die klare, fast schon intime Art der Performance ließ die Musik nahbar wirken und schuf eine einzigartige Atmosphäre.
Das Hamburger All-Girl-Trio Fraupaul hat sich in den letzten Jahren als Band einen Namen gemacht, die keinerlei Kompromisse eingeht. Auf der Bühne von „Süchteln brennt“ brachten sie ihre unverwechselbare Mischung aus Indie, Garage und Punkrock mit einer frischen, kraftvollen Energie und einem tollen Humor ein. Die drei Musikerinnen sind live unglaublich aktiv und haben mit ihrem wilden, direkten Sound und ihren oft frechen Texten eine treue Fangemeinde gewonnen.

Ihre Songs kommen ohne viel Schnickschnack aus – ob sie nun die Wirren des Alltags auseinandernehmen, scharfsinnige Selbstkritik üben oder mit einem Augenzwinkern gesellschaftliche Missstände aufs Korn nehmen – die Texte von Fraupaul treffen ins Schwarze. Dabei verlieren sie nie ihre unkonventionelle Haltung, sondern nehmen kein Blatt vor den Mund. Sie zerlegen die Welt in ihre Einzelteile und laden das Publikum ein sich mit ihren ungeschönten Beobachtungen auseinanderzusetzen.
Was Fraupaul so besonders macht ist ihre Fähigkeit ernsthafte Themen mit einer gehörigen Portion Humor und einem Hauch Selbstironie zu vermischen. Ihre Songs sind nicht nur musikalische Rebellion, sondern auch ein Spiegelbild der Gesellschaft, ohne dabei erhobenen Zeigefinger oder Moralapostel zu spielen. Ihre Liveshows sind ein wahres Erlebnis: Sie feuern ihre mitreißenden Hooks und eingängigen Melodien in die Menge, bis das Publikum lauthals mitsingt. Was man bei einem Fraupaul-Konzert erlebt hat, ist nicht nur ein musikalisches Spektakel, sondern eine emotionale Achterbahnfahrt, bei der keine Energie verschwendet wird.
Mit ihrer unerschütterlichen Energie und ihrem klaren Standpunkt haben sie nicht nur den Abend beim „Süchteln brennt“ zu einem Highlight gemacht, sondern auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Fraupaul bewiesen: Punkrock ist längst nicht tot, sondern lebt in all seiner Unverschämtheit und Authentizität weiter – und das mit einer ganz eigenen, weiblichen Perspektive.
Wenn der Name Jack Pott fällt, denkt man zunächst an blinkende Spielautomaten oder zwielichtige Casino-Werbung – doch weit gefehlt! Hinter diesem Namen verbirgt sich eine explosive Formation aus dem beschaulichen Kurort Bad Schwartau. Die vier Musiker Alex, Leo, Jakob und Justin sind keine Unbekannten in der Punkrock-Szene, auch wenn sie sich selbst nicht ganz ernst nehmen. Seit über vier Jahren treiben die „Party-Granaten“ ihr Unwesen auf den Bühnen der Republik und liefern mitreißende Shows, die ebenso tanzbar wie tiefgründig sind.
Ihr musikalisches Rezept: Eine mitreißende Mischung aus NDW, Punkrock und einer ordentlichen Portion Synthesizer. Mit dieser einzigartigen Kombination verwandeln sie jede Bühne in ein vibrierendes Energiezentrum. Doch was Jack Pott wirklich auszeichnet sind ihre Texte. Sie nehmen das Publikum mit auf eine emotionale Berg- und Talfahrt – von herzzerreißendem Herzschmerz über bissige Gesellschaftskritik bis hin zu reinem, irrwitzigem Klamauk. Auf der Bühne von „Süchteln brennt“ bewiesen die vier Nordlichter, dass sie zurecht als aufstrebende Talente der Szene gehandelt werden.
Das Publikum, das die familiäre Atmosphäre von „Süchteln brennt“ so schätzte, wurde gewohnt nicht enttäuscht. Der Abend war eine perfekte Symbiose aus emotionaler Nähe, musikalischer Extraklasse und der ungebrochenen Leidenschaft, die dieses Festival seit 27 Jahren auszeichnet.
Einmal mehr hat „Süchteln brennt“ bewiesen, dass es weit mehr als ein Rockfestival ist – es ist ein Erlebnis, das Generationen verbindet und die Essenz von Musik zelebriert. Das Josefshaus brannte natürlich glücklicherweise nicht wirklich, aber die Herzen der Besucher standen zweifellos in Flammen. (cs)