Schottland: Unter der Sterne-Zelt

„Der heil’ge Gral zu Rosslin liegt versteckt, als Schmuck der Meister Kunst ihr beigestellt, von Kelch und Speer das Tor ist wohlbedeckt, zuletzt sie ruht im Schutz der Sterne-Zelt!“ (Robert Langdon). Mit dem Film „The Da Vinci Code – Sakrileg“ wurde die Rosslyn-Kapelle weltbekannt, auch wenn Filmfans schnell auffallen wird, dass der Computer ein wenig mit der Umgebung „gepfuscht“ hat. 
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz

Schottland/Reisen Einfach mit dem Auto hier vorfahren wie Tom Hanks, nein, das geht hier nicht. Die gotische Kapelle aus dem 15. Jahrhundert in dem Dorf Roslin, rund 15 km südlich von Edinburgh wird durch Holzzaun und hoher Mauer gut geschützt. Allerdings wird für den Besuch ein Eintritt fälltig, der sich jedoch lohnt – auch wenn das Fotografieren in der Kapelle streng verboten ist.

Foto: Rheinischer Spiegel

Sir William St. Clair, dritter Prinz von Orkney und elfter Baron von Roslin entwarf die Kapelle auf der Anhöhe über dem Roslin Glen, um die sich auch ohne Film zahlreiche Legenden bis hin zum heiligen Gral ranken. Die Bauarbeiten begannen 1456 und dauerten 40 Jahre, der Grundriss entspricht dem Herodianischen Tempel in Jerusalem. Die Kapelle gehört zu den interessantesten Bauwerken in Schottland und auch zwei weitere Sehenswürdigkeiten, die auf die Familie Sinclair zurückgehen und die in unmittelbarer Nähe zu finden sind, Roslin Cemetery und Roslin Castle sind einen Besuch wert.

Foto: Rheinischer Spiegel

Von den 14 Säulen die das Bauwerk aus lokalem Sandstein tragen, erlangte die Apprentice Säule ihre Bekanntheit durch eine blutige Legende. So soll Sir William eine weitere Säule in Auftrag gegeben haben, die an Schönheit alle anderen übertreffen sollte. Der Steinmetzmeister ging dazu auf Reisen nach Rom. Während seiner Abwesenheit allerdings sah der Lehrling in einem Traum die fertige Säule und gestaltete sie. Als der Meister zurückkehrte und die prachtvolle Säule mit dem Baum des Lebens, geflügelten Drachen und Schlangen sah, wurde er neidisch und tötete seinen Lehrling indem er ihm mit einem Hieb den Kopf abschlug. Der Meister wurde zum Tode verurteilt und sein Gesicht in die gegenüberliegende Ecke gemeißelt, sodass der Meister bis in alle Ewigkeit die Säule seines Lehrlings sehen muss.

Als Codes sind die 213 Kästen mit unterschiedlichen Mustern bekannt geworden, die an den Säulen und Bögen zu finden sind. Vermutet wird eine geheime musikalische Partitur, da die Kästen chladnischen Klangfiguren ähneln und von dem Musikwissenschaftler Thomas Mitchell und seinem Sohn Stuart unter Bezug auf ebenfalls abgebildete Musiker am Ende der 12 in einer musikalischen Kadenz zugeordnet wurden. Auf dieser Grundlage entstand die Rosslyn Motette.

Foto: Rheinischer Spiegel

Seitdem die Grabstätte der Sinclairs, die Krypta, verschlossen wurde, ranken sich hartnäckig zahlreiche Legenden um die Rosslyn Kapelle. Der mumifizierte Kopf von Jesus, der legendäre Schatz der Templer, der Heilige Gral, die Bundeslade oder sogar die schottischen Kronjuwelen, in dieser Krypta wurde angeblich schon alles versteckt. Nicht zuletzt durch den Romanautor Dan Brown wird dies weiter so bleiben.

Richtig ist jedoch, auch wenn die Kapelle erst 150 Jahre nach der Auflösung der  Templer erbaut wurde, in ihr finden sich zahlreiche Symbole die den Templern zugeordnet werden können – wie das Siegelzeichen der Templer mit den zwei Reitern auf einem Pferd. Gemunkelt wird, dass schon William Sinclair ein Großmeister der Templer war, bewiesen werden konnte es nicht. Tatsächlich wurde jedoch einer seiner Nachfahren Großmeister der Grand Lodge of Scotland. Ob wahr oder nicht – sicher ist, dass die Legenden nicht abreißen und in jeder Legende ein Stückchen Wahrheit steckt. (cs)

Rosslyn Chapel, Chapel Loan, Roslin, Midlothian, EH25 9PU, http://www.rosslynchapel.com