
Die Historische Karnevalsgesellschaft von 1883 Ruet-Wiss Okerke „Burggrafengesellschaft“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, seit 1969 jährlich einen Burggrafen der Neuzeit zu proklamieren. So auch in diesem Jahr.
Bericht von RS-Redakteurin Marlene Katz
Mönchengladbach – Präsident Helmut Deden eröffnete diese Veranstaltung mit den Worten, dass diese Proklamation ein zentraler Termin in Odenkirchen sei. Außerdem bestünde die Gesellschaft in diesem Jahr 142 Jahre und das Jubiläum 13 x 11 Jahre = 143 Jahre würde im folgenden Jahr ein ganz besonders.
Dann wurden die bisherigen Burggrafen auf die Bühne gebeten, die von Deden namentlich mit der entsprechenden Jahreszahl vorgestellt wurden. Es waren:

1996 Jochen Semmler, 1997 Bernd Gothe,2002 Günther Pilz, 2005 Monika Bartsch, 2007 Norbert Bude, 2009 Horst Thoren, 2010 Wilfried Günter, 2011 Hermann-Josef Krahwinkel, 2016 Dietmar Wirt, 2017 Dr. Markus Hardenack, 2018 Horst Imdahl, 2019 Petra Heinen-Dauber, 2020 Annette Zimmermann und 2024 Michael Schmitz.
Da die Jugendarbeit in der Gesellschaft sehr groß geschrieben wird, zeigten die Kinder, was sie sich in den letzten Monaten antrainiert hatten. Zunächst Solo-Mariechen Anna, dann die Burgküken, das neue Tanzpaar sowie die Burgspatzen.
Dedens Begrüßung ging zunächst an den designierten Burggrafen Stefan Zimmermanns mit seiner Bianca sowie deren Kinder. Für Stefan sei es ein ganz besonderer Tag, denn fast auf den Tag genau vor 12 Jahren wurde seine Mutter Renate zur 44. Burggräfin proklamiert. Es war ein großes Ereignis mit einer mittelalterlichen Modenschau, an die man sich gerne erinnert.
Weiter begrüßte er das Prinzenpaar Alexander und Niersia Kathrin mit Hofstaat, das Kinderprinzenpaar Nicklas und Melissa mit Hofmarschall HaJo Hering sowie den 1. Vorsitzenden des Mönchengladbacher Karnevalsverbandes (MKV) Gert Kartheuser. Seine weitere Begrüßung ging an die anwesenden Politiker des Bundes, des Landes sowie der Stadt. Nicht zu vergessen die Karnevalsgesellschaften, die Vertreter der örtlichen Vereine sowie die Presse.
Es ist Usus, dass die Laudatio zum neuen Burggrafen immer vom Vorjahres-Burggrafen gehalten wird und das war an diesem Tag Michael Schmitz und diese war so:
Auserwählt vom Kreise der Burggrafen und Burggräfinnen und des Vorstandes der historischen KG Ruet Wiss Okerke soll Stefan Zimmermanns heute vom Volke proklamiert und durch den Ritterschlag des Oberbürgermeister bekräftigt zum 54. Burggrafen der Neuzeit ernannt werden.
Ihr/Sie wissen es alle: Um Burggraf zu werden, muss der Kandidat, die Kandidatin
Besondere Verdienste um die Stadt Mönchengladbach und insbesondere um den Stadtteil Odenkirchen, Verdienste bei der Förderung und Erhaltung des heimatlichen Brauchtums und natürlich auch Verdienste um die Historische KG Ruet-Wiss erworben haben.
Ich frage Euch/Sie: hat Stefan Zimmermanns dies getan? Ich sage: Aber so was von!
Ich bedanke mich für Ihre/Eure Aufmerksamkeit und wünsche noch eine schöne Veranstaltung und nen netten Tag!
Dann begab Schmitz sich zu seinem Platz, wurde aber von Norbert Bude darauf hingewiesen, dass dies nicht alles gewesen sein könne und so begab er sich wieder zum Rednerpult, um mit seiner Laudatio fortzufahren. Er begann aufs neue.
Aus dem Kreise des Burggrafenkollegiums wurde ich aktuell recht nachdrücklich aufgefordert der Laudation etwas mehr …Substanz zu verleihen. Gut denn. Wenn Ihr es so wollt, aber dann werden wir bei unserem Kandidaten hier natürlich mal GANZ andere Saiten aufziehen. Nix mit den verkuschelten Kriterien der Neu-Burggrafen „Verdienste hier und Verdienste da“ Nein. Die wahren, die knallharten Kriterien der alten Burggrafen. Was waren das denn für Gestalten? Es waren Söldnerführer, Pleitegeier und – moralisch ganz besonders kritisch zu betrachten – Kölner Erzbischöfe.
Wie stieg man denn im Mittelalter auf zum Burggrafen? Sicher bedurfte es doch einer besonderen Schlitzohrigkeit. Ohne dies ging es nicht.
Verfügt denn unser Burggrafenkandidat über diese Charaktereigenschaft?
Also höret folgende Anekdote aus grauer Jugendzeit des Kandidaten und entscheidet selbst.
In den Anfängen der Jungen Union Odenkirchen und des Handys war der damalige Vorsitzenden – zufällig identisch mit dem heutigen Kandidaten – bekannt dafür, dass der Akku seines Handys permanent leer war und er sich nahezu täglich die Handys seiner Umgebung lieh. Also war es für den Laudator des heutigen Tages – zufällig ICH – vollkommen normal, als dieser da unten da sich in geselliger Runde und fortgeschrittener Zeit – nach meiner Erinnerung könnte auch ein wenig Alkohol im Spiel gewesen sein – mein Handy erbat und wählte. Aus dem Augenwinkel nahm ich Gefahr ahnend noch war, dass er die zu wählende Rufnummer einer einschlägigen Zeitschrift mit äußerst dürftig bekleideten Mädchen entnahm. 0800 12..
Ich versuchte noch zu intervenieren… Ich so: NNNNNNNEEEEEEIIINNNNNN. Er so: Dooooooooooooooooch. Vergebens. Die Verbindung war schon hergestellt. Auflegen nütze natürlich auch nix mehr. Die nächste Zeit erhielt ich täglich, ach was, stündlich zahlreiche sehr freundliche Angebote in Form von SMS oder Anrufen überwiegend von Ludmillas, Chantals, Anastasias über Dienstleistungen, die ich in Anwesenheit des Kinderprinzenpaares nicht näher beschreiben werde. Eigentlich waren sogar einige Dienstleistungen dabei, die ich auch in Anwesenheit des großen Prinzenpaares nicht beschreiben würde. Ich erwog ernsthaft auszuwandern. Denn: Wer ändert schon gerne seine liebgewordene Handynummer? Aber auch so war Spuk kaum 6 Monate später schon vorbei. Ein Schlitzohr? Jener da? Aber so was von…
Burggrafen gab es aber nicht nur im Mittelalter. Auch in der Renaissance oder im Barock. Was war damals wie heute extrem wichtig? Nun wie sagt der Italiener. Mann – mit Doppel-N geschrieben – musste eine „Bella Figura“ machen. Mann muss halt alles tragen können. Also auch diesen berühmt berüchtigten Flatschhut. Konnten wir uns bei seiner Wahl sicher sein, dass Stefan das schafft? Aber natürlich. Denn wir alle hier… – Wir alle – haben diesen Kerl wie einen Baum, diese Kante, diesen Ex-Footballspieler schon in schneeweißen Strumpfhosen gesehen. Und sind nicht blind geworden. Gut: einige von uns müssen seitdem Brille tragen oder haben sich lasern lassen müssen, aber trotzdem: wir sind nicht blind geworden. Wer also als Mann in schneeweißen Strumpfhosen eine bella Figura macht, der macht auch dem Flatschhut keine Schande. Aber so was von…
Eine der vornehmsten Aufgaben eines Burgrafen alter Schule ist es natürlich den Bewohnern vor allem der Kamphausener Höhe als Straßenname dienen zu dürfen. Die Anwohner der Bronkhorst, der Flodrop, der Merode, der Botzelaer usw – Straßen danken dafür recht herzlich. Zimmermanns: bis jetzt Fehlanzeige. Also: sollten wir es in diesem Jahrhundert doch noch schaffen das Baugebiet Höhenstr. zu erschließen… lieber Herr Oberbürgermeister? Da wär also noch Platz für ne Zimmermannsallee!…. Aber so was von!
Was gehört noch zu einem Burggrafen von altem Schrot und Korn? Sicher Spontanität. Das Ergreifen von sich bietenden Chancen. Einfach rauf aufs Pferd und dem Nachbarn schnell die Kuh oder Frau oder beides geklaut. Einfach so aus dem Lameng raus. Zumindest für früher kann ich Spontanität dem angehenden Burggrafen nur absolut attestieren. Mag sein, dass den folgende Dialog im Laufe der Jahrzente etwas überzogen in Erinnerung geblieben ist, aber gefühlt spielte es sich so ab: Er da „Hey Jungs, wir müssen noch für Tulpensonntag nen Karnevalswagen bauen“ Wir so „Ähhhh, Stefan, heut ist Altweiber“ Er so „Ja super Jungs, da haben wir ja noch zwei ganze Tage Zeit. Lasst uns anpacken“ Und der Wagen rollte an Karnevalssonntag. Ich weiss nicht ob das heute auch noch so ist. Aber ich seh den ein oder anderen in den SchwarzGolden Reihen schon schmunzeln… Also Spontan!? Also so was von.
Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass ich die heutige Rede akribisch vorbereitet habe, wochenlang Archive gewälzt und zahlreiche Hintergrundinterviews geführt habe. Und Stefan und ich wollten uns im Vorfeld nochmals intensiv austauschen. Allein sein Terminkalender; mein Terminkalender… es passte irgendwie nicht. Aber hey. Wen juckt das schon. Hier ist Oki. Da trifft man sich halt – natürlich ohne Verabredung – zufällig Heilig Abend – pardon es war schon 1. Weihnachtstag – im WiedemannEck an der Theke und klärt was wirklich wichtig noch zu klären ist: Hey Zimbo, haste eigentlich nen zweiten Vornamen? „ja klar“
Wir fassen zusammen: Erfüllt Stefan Ernst Zimmermanns – dafür habe ich mir Heilig Abend die Nacht um die Ohren geschlagen bei Ulrike und Dieter? Stefan Ernst? Ich hoffte auf was Spektakuläres mit dem ich hier heute arbeiten kann. So in etwa Stefan Hubertus Aloysius Fürchtegott Zimmermanns – egal… Erfüllt Stefan Ernst Zimmermanns egal ob alt oder neu die Kriterien eines Burggrafen: Von ganzem Herzen: Aber so was von!
Es war eine humor- und eindrucksvolle Laudatio von Michael Schmitz.

Oberbürgermeister Felix Heinrichs, der anschließend den Ritterschlag ausführte, machte im Vorfeld auf seinem Platz Fingerübungen, damit dabei nichts schief gehen könne. Dann begab er sich zur Bühne, um seinen Pflichten nachzukommen. Dabei führte er u.a. aus, dass er bei der Proklamation von Zimmermanns als Prinz noch eine Leiter benötigt habe, heute war es sehr schön, dass dieser vor ihm niederknien müsse. Der Ritterschlag ging ohne Vorkommnisse über die Bühne und anschließend gratulierten Zimmermanns alle Burggrafen, Prinzenpaare sowie der MKV zu dieser Ehrung.
Kartheuser gratulierte Zimmermanns zu dieser hohen Ehre und erwähnte noch, dass er vor zwei Jahren Prinz der Stadt gewesen sei und als Ur-Odenkirchener diese Ehrung verdient habe. Auf die Frage: was haben wir noch zu erwarten, kam die spontane Antwort von Bianca Zimmermanns aus dem Saal „nichts mehr“.
In seiner Dankesrede führte Zimmermanns aus, dass es heute ein besonderer Tag sei und bedankte sich, dass er diese tolle Ehrung bekommen habe und die Tradition weiter fortgeführt würde. Er dankte seiner Familie, die ihn oft entbehren musste, weil er sich für das Brauchtum einsetze. Auch ging sein Dank an KF Schwarz-Gold Odenkirchen, deren Vorsitzender er ist.
Zum Flatschhut gab es eine besondere Geschichte. Ein Teil des Flatschhutes seiner Mutter wurde durch Ines Rehberg in seinen eingearbeitet.
Dann wandte er sich an den Laudator Michael Schmitz, der auch sein bester Freund sei. Er dankte ihm, dass er nicht alles vorgetragen habe, was die Beiden gemeinsam gemacht hätten.
Weiter dankte er dem Burggrafensprecher Hermann Josef Krahwinkel, dass sie ihn benannt haben, denn diese Ehrung sei eine der Wichtigsten in Mönchengladbach. Auch nahm er Bezug auf die bisherige gute Zusammenarbeit zwischen Ruet-Wiss und Schwarz-Gold und man wolle versuchen, das noch bestehende Hick-Hack zwischen ihnen in 2025 endlich abzustellen.
Den Abschluss dieses Vormittags machten die Minis, die Golden Dancers, die Sunny Kids sowie die Oldie Goldies von den KF Schwarz-Gold Odenkirchen.