Mitten im urbanen Geflecht Düsseldorfs entfaltet sich der Nordpark als ein Ort, an dem sich Natur, Kultur und Geschichte auf überraschende Weise begegnen.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen
Reisen – Wer den Park betritt, wird nicht nur von geometrisch angelegten Blumenbeeten und plätschernden Wasserkanälen empfangen, sondern auch von einer besonderen Atmosphäre, die zwischen klassischer Gartenkunst und wissenschaftlicher Neugier oszilliert. Besonders eindrucksvoll: Der Evolutionsweg, ein moderner Lehrpfad, der mitten im historischen Park zum Nachdenken über unsere Herkunft einlädt.

Der Nordpark, zwischen Kaiserswerth und Stadtzentrum gelegen, entstand als ein Prestigeprojekt in einer politisch aufgeladenen Zeit. 1936 begannen die Bauarbeiten für das 36 Hektar große Areal, das ein zentrales Element der Reichsausstellung „Schaffendes Volk“ werden sollte. Die damalige Planung folgte einem idealisierten Bild von Ordnung und Naturbeherrschung – lange Wasserachsen, streng symmetrische Heckenanlagen und breite Wege spiegeln diesen Gestaltungsansatz bis heute wider. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Park weitgehend erhalten, wurde aber bald neu interpretiert: nicht mehr als Ort der Repräsentation, sondern als Raum für Erholung, Begegnung und Bildung.
Ein besonderer kultureller Akzent wurde 1975 gesetzt, als die japanische Gemeinde Düsseldorfs begann, stärker am öffentlichen Leben teilzuhaben. Der Japangarten im Nordpark – 1979 feierlich eröffnet und später zur Bundesgartenschau überarbeitet – wurde von japanischen Gartenarchitekten gestaltet und gilt als einer der authentischsten seiner Art in Deutschland. Inmitten einer Welt aus Moos, Steinen, Wasserflächen und sorgfältig gestutzten Bäumen entfaltet sich hier ein stiller Dialog zwischen zwei Kulturen, der den Besucher zur inneren Einkehr einlädt.
Ganz anderen Tönen folgt der Aquazoo Löbbecke Museum, der an der Nordostecke des Parks liegt. Seine Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als der Apotheker Theodor Löbbecke begann, Meeresmuscheln zu sammeln. Heute beherbergt der Komplex ein Aquarium, ein Naturkundemuseum und einen kleinen Zoo – ein populärer Lern- und Erlebnisort für Familien und Schulklassen, der jährlich Hunderttausende Besucher anzieht.

Seit einiger Zeit bereichert ein weiterer Höhepunkt den Park: Der Evolutionsweg, der 2021 eröffnet wurde. Dieser innovative Pfad übersetzt Milliarden Jahre Erdgeschichte in eine körperlich erlebbare Strecke. Wer sich auf diesen Weg begibt, durchquert die Zeit – jeder Meter des 460 Meter langen Pfades steht symbolisch für zehn Millionen Jahre. Startpunkt ist die Entstehung der Erde, gefolgt von der Bildung der ersten Biomoleküle, der Entwicklung einzelliger Organismen, dem Erscheinen von Mehrzellern, Pflanzen, Tieren und schließlich dem Menschen. Zahlreiche Stelen liefern spannende Informationen, begleitet von Illustrationen und verständlichen Texten. Der Weg endet nicht bei Homo sapiens, sondern stellt Fragen in den Raum: Wohin führt uns unsere evolutionäre Reise?
Der Evolutionsweg wurde in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern entwickelt und greift ein weltweit etabliertes Konzept auf, das bereits in mehreren Städten umgesetzt wurde. In Düsseldorf überzeugt er durch seine Einbettung in das parkgestalterische Gesamtkunstwerk: Zwischen alten Bäumen, modernen Skulpturen und dem Duft der Sommerblumen wird das abstrakte Thema der Evolution zu einem sinnlich erfahrbaren Erlebnis.
Der Nordpark zeigt exemplarisch, wie sich öffentliche Räume transformieren können – von ihrer ideologischen Vergangenheit hin zu einem offenen, zukunftsgewandten Ort. Ob bei einem Picknick auf den gepflegten Rasenflächen, bei einem Spaziergang entlang der Fontänen oder auf einer gedanklichen Reise durch die Erdgeschichte: Der Park bietet für jeden Besucher einen anderen Zugang. Er ist Bühne, Garten und Klassenzimmer zugleich – und vielleicht gerade deshalb eines der eindrucksvollsten Ausflugsziele im Düsseldorfer Stadtgebiet. (dt)

