Mit einem Feuerwerk der guten Laune und dem Flair einer Pariser Nacht eröffnete die Große Karnevalsgesellschaft Orpheum von 1869 am gestrigen Samstag die neue Spielzeit im restlos ausverkauften Dülkener Bürgerhaus.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Leo Dillikrath
Dölke – Mit Blick auf den diesjährigen Höhepunkt „Moulin Rouge – und die Mühle lebt doch!“ verwandelte sich die Bühne des Dülkener Bürgerhauses gestern Abend in eine pulsierende, bunte Welt aus Humor, Musik und Dülkener Tradition. Nun erwarten Sie, liebe Leser und Leserinnen, wieder unsere ausführliche Berichterstattung. Doch wie schade wäre diese für die noch folgenden fünf Spielabende. Nein, wir wollen nicht zu viel vorab verraten und deshalb gibt es heute einen mehr oder weniger groben Überblick über das fantastische Theaterspiel, welches das Orpheum auch in diesem Jahr wieder kreiert hat.
Werfen wir dazu zunächst einen Blick in die „Souvenir-Illustrierte“ in der sich Präsident Ulf Jansen voller Stolz und Dankbarkeit an die Gäste richtet: „Wer hätte im Jahr 1869, dem Gründungsjahr unserer Großen Karnevalsgesellschaft Orpheum e. V. gedacht, dass wir auch 156 Jahre später noch mit unserem Narrenspiel und Gesang die Bevölkerung aus Nah und Fern begeistern würden.
Es war vielleicht der Wunsch unserer Gründungsväter, aber in den vergangenen 15 Jahrzehnten wurde die Bevölkerung oft auf so manche schwere Probe gestellt, was dem Vereinsleben nicht immer verträglich war. Aber das Orpheum konnte durch seine Mitglieder und die treuen Gäste diese lange Zeit überdauern und wird auch hoffentlich in der Zukunft von viele Menschen mit seiner närrischen Bühnenshow aus dem Alltag entführen.“

Bereits seit August arbeiten die Mitglieder unermüdlich an der Vorbereitung der neuen Session. Besonders die Bühnenbilder, die erstmals von der Künstlerin Jutta Schrömges vom Wege gestaltet werden, sorgten für einen besonderen Augenschmaus. Der Chor und die Spieler proben ebenfalls seit September intensiv, um die neuen Lieder und Gags auf die Bühne zu bringen. Jansen hob auch die Arbeit hinter den Kulissen hervor: „Unsere Kostümmeister haben wieder alle Register gezogen, um den Sängern und Spielern eine entsprechende Garderobe zu geben, um (noch) besser auszusehen.“
Er hatte im Vorfeld nicht zu viel versprochen und so ließ bereits der Auftakt die Herzen der Zuschauer höher schlagen: Der Große Orpheumschor präsentierte sich wie gewohnt in Bestform und stimmte mit musikalischen Glanzstücken auf einen Abend voller Überraschungen ein. Es ist schließlich gute Tradition, dass der Orpheumschor seit über 150 Jahren als erstes in das Scheinwerferlicht tritt. Unter der Leitung von Janek Wilholt und Monika Hintsches – liebevoll als „Dompteure der Chorknaben“ benannt – gelang es den Sängern, die perfekte Balance aus Karnevalshumor und musikalischer Raffinesse zu finden.

Was wäre das Orpheum ohne seinen Chor – und was wäre der Chor ohne Janek Wilholt und Monika Hintsches (alias Trude Backes)? Denn mit viel Einsatz, Humor und musikalischem Können machen die beiden jede Probe zu einem Erlebnis. Janek Wilholt, hauptberuflich Musiker und Pianist, hat auch dieses Jahr wieder die Chor-Sätze perfekt für die Stimmen im Orpheum arrangiert. Dabei sorgt er nicht nur für klare Töne, sondern auch für technische Neuerungen: Ein Tablet ersetzt endlich das alte Noten-Chaos. Monika Hintsches, bekannt für ihre unvergleichliche Bühnenpräsenz als Trude Backes, hat sich diesmal entschlossen, schon früh in die Proben einzusteigen. Mit scharfem Auge und ihrem berühmten Lächeln unterstützt sie den Chor bei den letzten Feinheiten – ohne jemals den Humor zu verlieren. Übrigens: Abseits des Orpheums treten Janek und Monika auch als unschlagbares Duo am Niederrhein auf und begeistern ihr Publikum mit einer Mischung aus Kabarett und Musik.
Mit dem sich anschließenden diesjährigen Aat Dölker Stöckske gelang es André Schmitz erneut, die Tradition des Orpheums mit einer humorvollen und zugleich tiefgründigen Inszenierung zu bereichern. „Der Wappenbaum“ wurde nicht nur zum Symbol für das lebendige Vereinswesen der Stadt Dülken, sondern auch zur Bühne für ein buntes Spektakel voller Witz, Musik und charmanter Charaktere.
Der Wappenbaum, ein Sinnbild für die Vielfalt der Vereine und die Kraft der Gemeinschaft, wurde in der Geschichte von André Schmitz in Dülken aufgestellt. Rund um die Vorbereitungen für dieses große Ereignis entfaltete sich eine unterhaltsame Handlung, in der Tratsch und kleine Reibereien ebenso Platz fanden wie Momente des Zusammenhalts. Die Wirtin Mariechen, gespielt von André Schmitz selbst, wurde zur zentralen Figur, die die Interessen der unterschiedlichen Vereine zu vereinen suchte – keine leichte Aufgabe, wenn Bürgermeister, Feuerwehr, Metzgerinnung, Schrebergärtner und viele mehr aufeinandertreffen.

Mit viel Feingefühl für Humor und Lokalkolorit entwickelte sich auf der Bühne ein lebhaftes Treiben, das das Publikum immer wieder zum Lachen brachte. Die Dialoge, geprägt von Wortwitz und liebevollen Anspielungen, schafften es, die Eigenheiten der Charaktere auf charmante Weise in Szene zu setzen. Dabei war die Darstellung der verschiedenen Figuren ein absolutes Highlight: Von der resoluten Trudi Drickes (Jeff Recker) über Schlippes (Sebastian Petsch) oder Doll (Ralf Groschopp) bis hin zu den Sängern der Liedertafel war jede Rolle mit Hingabe und Witz gespielt. Die detailverliebten Kostüme und das stimmungsvolle Bühnenbild schufen eine Kulisse, die die Geschichte authentisch und lebendig wirken ließ.

„Der Wappenbaum“ zeigte auf unterhaltsame Weise, wie wichtig das Vereinsleben für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft ist. Gleichzeitig bot das Stück eine liebevolle Parodie auf die kleinen Eigenheiten des dörflichen Miteinanders, die das Publikum mit einem Augenzwinkern und viel Begeisterung feierte.
Auch mit einer spritzigen Parodie der beliebten Quizshow „Wer wird Millionär?“ holte das Orpheum das Publikum an diesem Abend ab und entführte es auf eine temporeiche Reise voller Spannung, Witz und musikalischer Highlights. Unter dem Motto „Wer wird Millionär? – Orpheum-Spezial“ präsentierte sich die Show als unterhaltsamer Höhepunkt, der den Saal in seinen Bann zog und für unvergessliche Momente sorgte.

Moderator André Schmitz, in der Rolle des wortgewandten „Günther Bauch“, führte mit Charme, Ironie und spitzem Humor durch den Abend. Er setzte mit seinen scheinbar spontanen Kommentaren immer wieder humorvolle Akzente und brachte das Publikum damit von der ersten Minute an zum Lachen. In der Parodie auf die bekannte Fernsehshow kamen auch lokale Eigenheiten nicht zu kurz: Herr Bontenakels von der Renneperstraße, gespielt von Wolfgang Voss, sowie Herr Schmitz aus Viersen und Brit aus Dülken – wunderbar verkörpert von Julian Viehmann und Jürgen Roemen – mit ihrer Situationskomik und pointierten Dialogen waren sie der Garant für ausgelassene Stimmung.
Natürlich durften auch die typischen Quizshow-Elemente nicht fehlen, alles wurde humorvoll auf die Bühne gebracht. Das Saalpublikum spielte dabei eine aktive Rolle: Mit viel Einsatz und einem Augenzwinkern unterstützten die Zuschauer die Kandidaten bei den kniffligen Fragen. Der berühmte Publikumsjoker sorgte für einige Überraschungen, denn die richtige Antwort zu geben, stellte sich für so manche „Experten“ als größere Herausforderung heraus, als es zunächst schien.

Die Spannung gipfelte schließlich in der berüchtigten Millionenfrage, die das Publikum und die Kandidaten gleichermaßen forderten. Ob diese Frage, die von den Autoren Jürgen Römen, Julian Viehmann und Andreas Debock mit viel Fantasie erdacht wurde, am Ende richtig beantwortet wurde, soll hier nicht verraten werden – aber der Weg dorthin war ein wahres Feuerwerk an Unterhaltung.
Die Mischung aus Lokalkolorit, scharfsinnigem Humor und originellen Einfällen zeigte, wie mitreißend und innovativ traditionelle Bühnenkunst sein kann. Ein Abend, der nicht nur Quizfans begeisterte, sondern allen Besuchern ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte … und vor allen Dingen noch nicht beendet war.
Den Höhepunkt des Abends bildete ohne Frage das beeindruckende Bühnenstück „Moulin Rouge“, das mit einer Mischung aus Glamour, Humor, Leidenschaft und einem Hauch französischer Eleganz die Zuschauer in seinen Bann zog. Das Orpheum verwandelte die Dölker Narrenmühle in eine spektakuläre Showbühne und nahm das Publikum mit auf eine Reise ins Pariser Varieté – natürlich auf charmante niederrheinische Art und Weise.
Das Stück erzählt die Geschichte der wunderschönen Santine, verkörpert von Marcus Büschges, die als strahlender Star des Dölker Moulin Rouge, die gekonnt dem einflussreichen Viersener Grafen von Noppdorf, gespielt von Ralf Schaffelke, eine künstlerische Absage erteilt. Der Dichter Toulouse von der Muhresoat (Dietmar Creutz in einer herrlich exzentrischen Rolle) sorgte mit seinen poetischen und humorvollen Einlagen für wahre Lachsalven, während Liebhaber Arie Nabrings (gespielt von Niklas Voss) sein Herz ausschüttete.

Die humorvolle Rivalität zwischen Dülken und Viersen, die sich durch das ganze Stück zog, sorgte für zahlreiche Gags. Besonders der Versuch des Grafen von Noppdorf, das Pariser Flair des Dölker Moulin Rouge in die Viersener Festhalle zu bringen, wurde mit viel Witz und einem Augenzwinkern inszeniert. Ein weiteres Glanzlicht war der Auftritt von Harold Ziedler, dem temperamentvollen und schrillen Direktor des Moulin Rouge, gespielt von Jeff Recker. Begleitet wurde die Inszenierung von den „drei sexy Ladies“, die mit ihren frechen und ausgelassenen Auftritten für Furore sorgten: Lutz Öllers als Baby Doll, Jürgen Römer als Arabia und Christian Dommers als Nini glänzten in ihren Rollen und ließen keinen Zweifel daran, dass sie die Herzen der Zuschauer mit ihrer Bühnenenergie erobern wollten.
Doch es waren nicht nur die Darsteller, die das Publikum beeindruckten. Das Bühnenbild, geschaffen von Jutta Schrömges vom Wege und der gesamten Bühnentruppe, brachte das Pariser Flair auf die Dölker Bühne. Mit aufwendigen Kulissen, funkelnden Lichtern und liebevollen Details wurde die Narrenmühle in einen Ort der Leidenschaft und des Glanzes verwandelt. Ergänzt wurde das visuelle Erlebnis durch die farbenfrohen und detailreichen Kostüme von Werner und Monika Baulig sowie Andreas Ecken, die die Charaktere lebendig und authentisch machten – und natürlich von Andrea Stollenwerk und Bettina Sentis, die für die Perücken und das passende Make-up zuständig waren.

Auch die humorvollen Einlagen der Dölker Möhnen, die von Peter Steves, Sebastian Petsch und Julian Viehmann dargestellt wurden, sorgten für anhaltendes Gelächter. Als „Ordnungshüter“ brillierten André Schmitz und Ralf Groschopp, die immer wieder mit absurden Vorschriften und herrlich übertriebener Strenge für chaotische Situationen auf der Bühne sorgten.
Am Ende des Abends war klar: „Moulin Rouge 2025 – und die Mühle lebt doch!“ war mehr als nur ein Bühnenstück. Es war ein Fest der Kreativität, des Humors und der Liebe zur Bühne, welche das Publikum restlos begeisterte. Die Inszenierung vereinte französischen Charme mit niederrheinischem Witz und zeigte einmal mehr, warum das Orpheum seit über 150 Jahren ein unverzichtbarer Teil der regionalen Kulturlandschaft ist.
Mit einem letzten mitreißenden Lied verabschiedete sich das Ensemble und erntete tosenden Applaus und Standing Ovations. Ein Abend, der sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird! Das Orpheum hat es wieder einmal geschafft: Dülken tanzt, singt und lacht – und der närrische Geist lebt weiter. Gloria tibi Dülken! (nb)
