Wenn das Licht erlischt: Martinsvereine kämpfen um ihre Tradition

In Süchteln regt sich Unmut: Die traditionsreichen St.-Martins-Vereine sehen sich in diesem Jahr mit unerwarteten Hürden konfrontiert. Nach über hundert Jahren ehrenamtlicher Organisation der beliebten Martinszüge soll die freiwillige Feuerwehr, die bislang einen zentralen Beitrag zur Sicherheit der Veranstaltungen geleistet hat, plötzlich nicht mehr am Zug teilnehmen dürfen – angeblich aus Versicherungsgründen.
Von RS-Redakteurin Saskia Köhler

Viersen-Süchteln – Diese Entscheidung sorgt bei den Organisatoren für große Verunsicherung und Unverständnis. Laut Rücksprache mit der Unfallkasse NRW besteht der Versicherungsschutz für die freiwilligen Feuerwehrkräfte jedoch weiterhin. Trotzdem wurde den Kameradinnen und Kameraden nur eine eingeschränkte Teilnahme erlaubt – ohne Fackeln oder Beleuchtungsmaterial und ohne das bisher übliche Sicherungsfahrzeug am Ende des Zuges.

Die St.-Martins-Vereine aus Süchteln haben sich daher mit einem offenen Brief an die Landes- und Kommunalpolitik gewandt. Sie warnen: Ohne die Unterstützung der Feuerwehr steht die Sicherheit der Martinszüge und damit auch ein Stück lebendiges Kulturgut auf dem Spiel. Seit 2018 zählen die Martinszüge in NRW offiziell zum immateriellen Kulturerbe des Landes.

Mit dem offenen Brief appellieren die Vereine an die Verantwortlichen, eine Lösung zu finden, die Sicherheit und Tradition gleichermaßen gewährleistet – damit die Kinder in Süchteln auch in Zukunft „durch die Straßen unserer Stadt“ ziehen können.


Geht den Martinszügen der Stadt Viersen das Licht aus?
(Die Martinszüge sind seit 2018 Teil des Landeskulturguts in NRW.)

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Martinsvereine in Viersen Süchteln organisieren seit über 100 Jahren in kleinen Teams ehrenamtlich die traditionellen Martinszüge in Viersen-Süchteln und den umliegenden Honschaften von Süchteln. Alleine am Martinszug in Süchteln Stadt nehmen weit über 1.000 Schülerinnen und Schüler teil. Dazu kommen noch die Begleitpersonen wie Lehrer:innen, Kapellen usw. An den Straßenrändern werden die Kinder durch zahlreiche Eltern, Anwohner und Gäste begleitet. Der Martinszug endet am traditionellen Martinsfeuer am Kirmesplatz neben dem Rathaus (früher St. Floriansplatz an der Feuerwache).

Jeder der 5 anderen Martinszüge (Sittard, Hagen, Dornbusch, Hagenbroich, Süchteln-Vorst) liegt bei einer Teilnehmerzahl von mehr als 500 Personen. Die Züge enden alle mit den traditionellen Martinsfeuern.
Für die Sicherheit war bisher in erster Linie die freiwillige Feuerwehr mit ihren ehrenamtlichen Mitgliedern verantwortlich. Das soll ab sofort anders werden, da der Fachbereichsleiter Feuerwehr und Zivilschutz den freiwilligen Helfern eine Teilnahme verbietet. Begründet wird dies in dem fehlenden Versicherungsschutz der teilnehmenden, freiwilligen Feuerwehrleute. Jedoch sind die freiwilligen Feuerwehren im Kreis Viersen auch bei solchen Einsätzen durch die Unfallkasse NRW nach wie vor versichert. Auch das Sicherungsfahrzeug am Ende des Zuges, bisher ein Feuerwehrwagen, soll auf dieser Grundlage den Zug nicht mehr begleitet dürfen. Dieses Sicherungsfahrzeug muss von privater Seite gestellt werden. Einige Versicherungen haben bereits die Übernahme der Versicherung für diesen Zweck abgelehnt.

Lediglich die Absicherung am Feuer soll noch durch die freiwillige Feuerwehr übernommen werden. Darüber hinaus veranstaltet die Förderschule Franziskus noch einen eigenen Zug, der durch das neue Sicherheitskonzept gar keine Unterstützung durch Feuerwehr und Polizei erhalten soll.

Gerade in der heutigen Zeit, wo ein hoher Wert auf mehr Sicherheit gelegt wird, schränkt man diese derart stark ein, dass die Durchführung in gewohnter Form nicht mehr umsetzbar ist. Wir können doch nicht tausende Schülerinnen und Schüler mit Lehrpersonal und Musikkapellen über die Gehwege laufen lassen. Wir brauchen die Unterstützung der freiwilligen Feuerwehr, damit wir, wie es im traditionellen Martinslied „In der Irmgardisstadt“ klingt, „durch die Straßen unserer Stadt“ ziehen können. Daher hoffen wir auf Ihre Unterstützung.

Noch ein Hinweis! In den letzten Jahren wurde der Einzug der Schülerinnen und Schüler mit ihren Laternen und Gesängen am Martinsfeuer der großen St. Martinsfeier von Süchteln Stadt via Live Stream in den sozialen Medien übertragen. Wir hatten hier bereits positive Rückmeldung aus vielen europäischen Ländern sogar in Australien wurden wir gesehen. Natürlich wird dieses Angebot auch von Mitbürgerinnen und Mitbürgern freudig angenommen, die nicht live vor Ort sein können.

Wir hoffen, dass Sie einen positiven Einfluss auf das geänderte Sicherheitskonzept der Stadt Viersen in Bezug auf Unterstützung der Martinszüge durch die freiwilligen Feuerwehren nehmen können.

Mit freundlichen Grüßen
St. Martinsvereine Viersen-Süchteln

Foto: Rheinischer Spiegel/Rita Stertz