Mit „Lot mar jöcke, lot mar jonn“ lud der FKV zur abwechslungsreichen Galasitzung

Wenn das Fidele Kränzchen Viersen zu seinem Wochenende in die Viersener Festhalle einlädt dann ist sicher, dass die Karnevalisten gerne kommen. So war auch trotz langer Corona-Pause an diesem Samstag die Festhalle zum Bersten gefüllt und das Programm hielt, was es versprochen hatte – einen ungewöhnlichen Abend.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz

Viersche – Schon vor dem Einzug der Gesellschaft in Viersens guter Stube herrschte eine hervorragende Stimmung, die das Fundament für einen facettenreichen Abend legte, musikalisch vom Orchester Touché auf der Bühne begleitet wurde. Die Karnevalsgesellschaft des Fidelen Kränzchens Viersen hatte bereits am Tag zuvor bewiesen, dass sie ihr Publikum begeistern kann, nicht anders sollte es bei der traditionellen Galasitzung sein.

Foto: Rheinischer Spiegel

Durch den Galaabend als Sitzungspräsidenten führten erneut als Duo Maximilian Koehl und Niels Hüneburg. Lampenfieder im Scheinwerferlicht, das gab es bei den beiden nicht, die sich hervorragend bereits vor der Lockdownzeit ergänzt hatten. Seit vier Jahren nun steht Maximilian Koehl als Sitzungspräsident auf der Bühne, und wenn er auch selbst keine Verbesserung sieht, das Publikum nahm den lockeren Stil der beiden gerne an, bevor Aktionskünstler NOAH an einer schwingenden Fiberglasstange vertikale Akrobatik in die Festhalle brachte.

Schwerkraft wurde außer Kraft gesetzt, als der seit mehr als 15 Jahren in Europa lebende New Yorker leichtfüßig in schwindelerregender Höhe fast virtuos die Stange heraufkletterte und zu waghalsigen Sprüngen ansetzte oder über die Köpfe der ersten Reihen hinwegschaukelte. NOAH war bereits bei „The Pickle Family Circus“ in San Francisco zu Gast, im „National Casino of Libanon“ oder in der legendären „Laß Dich Überraschen“-Show des ZDF und kann nun auch die berühmte Viersener Festhalle auf seine Liste setzen.

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Auf ihn folgte, dass „Schönste, was der Viersener Karneval zu bieten hat“, wie der Senatspräsident, Frank Schiffers, gerne erwähnt: Das Prinzenpaar der Narrenherrlichkeit Viersen. Trotz vorabendlicher Feier, bei der Lothar II. und Regina I. nicht nur auf der Bühne gestanden hatten, sondern auch im Saal mitfeierten, waren sie ebenso fit wie ihre große Begleitung und natürlich die Mitglieder der Prinzengarde, die gerne erneut ihr Tanzbein schwangen, bevor ein Büttenredner und Comedian den freien Platz eroberte, der für den FKV den „Meisterbrief für Karnevalsbekloppte“ dabei hatte – eine Ehre für alle Vereine, die Corona gut überstanden haben.

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Handwerker Peters nämlich wurde durch den XXL-Satiriker (der sichtlich abgenommen hatte) und Comedy-Pfundskerl Kai Kramosta – oder besser gesagt eine Eifelaner Comedykugel – kreiert. Ja, über bauliche Verfehlungen wusste Handwerker Peters Bescheid und auch sonst hatte er einige Skurrilitäten zu berichten. Dabei ist er übrigens nur zur Hälfte Eifellander (mütterlicherseits) und zur anderen Hälfte Niederrheiner durch einen Freund seines Vaters … ja, der dauert ne Sekunde.

Schließlich kütt er oss unne janz einfache Huus und einen Vornamen konnten sich seine Eltern bei der damaligen Armut nicht leisten. Während der Ausbildung war das aber sowieso egal, da wurde er meist nur „Ey, halt ma!“ gerufen. Der bekannteste Schwarz-Arbeiter von Rheinland-Pfalz war zumindest ganz froh, dass sein Altargeschenk, Dauerwellens Lisbeth, den Spitznamen nicht übernommen hat. Na und sein Lebensmotto? Klar doch … Wie aufm Bau: Normalerweise müsste dat halten!

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Zumindest hielt der Bühnenboden auch, als Blasmusik im Sporttrikot einzog, denn die nächsten Künstler waren „unterwegs im Namen des Rhythmussports“. Ja, nicht einfach zu beschreiben, wenn Musik und Sport aufeinandertreffen und die „Rhythmussportgruppe“ aus Düsseldorf aufläuft. Eine Band, eine Mannschaft, die auch mit Musikinstrumenten hervorragend das Tor zu treffen weiß.

Statt Schiedsrichterentscheidung gab es in der Festhalle einen Groove-Parkour auf der Spielfläche. Bereits seit 2015 sind sie mit ihrem Funk-Rock und deutschen Texten am berühmten Leder, schließlich gilt es auch in der Musik das Runde ins Eckige zu schießen. Fankurve inklusive? Wie im Stadion war die aufgesplittet, denn der ausgezeichnete Auftritt passte nicht unbedingt zur karnevalistischen Veranstaltung des Abends und wurde von den verschiedenen Generationen im Publikum zwiegespalten wahrgenommen.

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Dafür heizten die feiernden Gäste die eigenen Gewächse ein, denn wenn nicht jetzt, wann dann sollte es an diesem Abend Standing Ovations geben, als bei dem vereinseigenen Programmteil mit dem FKV-Männerballett und dem Jung-FKV, der in Hotel Willy Millowitsch (Marc Offermanns) entführte, wo eine ganze Reihe bekannter (und meist bereits von uns gegangene Stars) begrüßt werden konnten.

So durfte nicht nur gejubelt, sondern auch gelacht werden, als die Gäste gut eine Stunde mit Livegesang und Tanz von der Viersener „Trapp-Familie“ auf eine besondere Reise entführt wurden. Dass dabei die stimmgewaltigen Darbietungen von Jochen Lazaridis, Markus Steinhäuser und Stefan Scherer nicht fehlen durften, war ebenso klar wie die ausgefallenen Kostüme und königlichen Darstellungen.

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Wer kann denn schon Königin Elisabeth (Edi Tusch) mit prinzenhafter Begleitung (Marc Tappiser) und Dudelsackspieler mit einem Ritterschlag für Willy Millowitsch oder gar Dirk Bach auf der Bühne begrüßen, der mit Schaukelpferd angereist war. Da der sowieso gerne Ballett tanzen würde, war die Überleitung zum FKV-Männerballett nicht weit, die ihre Tänze nach den lauten Zugaberufen direkt zwei Mal präsentieren mussten.

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Leider waren nach der Pause noch nicht alle Plätze wieder besetzt, als sich Blau-weiß zu Rot gesellte, die Bühne mit über 80 Funken füllte und mit traditionellen Schritten den richtigen Hauch an Brauchtum mitbrachte. Die Siegburger Funken „Blau-Weiss“ von 1859 e.V., die vom Tambourcorps Siebengebirge begleitet wurden, ließen die Herzen der Tradition höherschlagen.

Stolze 164 Jahre sind die Funken nun bereits dabei, die so zu den ältesten Karnevalsgesellschaften im Rheinland zählen. Ihre Wurzeln sind tatsächlich noch älter, gingen sie doch aus der Kolpingsfamilie Siegburg 1854 e.V. hervor. „Mer blieve wie mer sin!“, so die Funken, die die karnevalistischen Traditionen fest- und hochhalten, auch wenn sie natürlich mit der jecken Zeit gehen.

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Auf ihren Tanz folgten Lacher im passenden Moment, die Thorsten Bär, oder auch „Bärchen“ für die Damen, mit nach Viersen gebracht hatte. Der Comedian stand bereits mit Hape Kerkeling, Dieter Hallervorden oder Mike Krüger auf der Bühne. Seit er 2018 beim RTL-Comedy-Grand-Prix den Sieg mit seinem Auftritt holte, ist der eigentlich gebürtige Hesse, der aus seiner Wahlheimat Hamburg angereist war, von den Bühnen nicht mehr wegzudenken.

Er ist eben eine „Rampensau“ und dabei zudem ein gekonnter Stimmenparodist. So standen an diesem Abend neben Udo Lindenberg oder Reiner Calmund auch einige andere Persönlichkeiten plötzlich hörbar mitten in der Festhalle, bevor dann Fauth Dance Company langsam aber sicher bereits das Ende des Abends mit ihren mitreißenden Tänzen einläuteten und die Karnevalisten zum Jubel auf den Stühlen standen. Gefühlt viel zu früh, obwohl die Uhr bereits Mitternacht anzeigte.

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Bevor nämlich die beeindruckende Galasitzung mit dem Gesang der Gesellschaft endete und die Narrenschau mit Lot mar jöcke jede noch so hinterste Ecke der Festhalle erreichte, wurde noch einmal gefeiert. Auf den Stühlen fand kein Hintern mehr Platz, denn es hieß die Hände gen Himmel zum Klatschen zu strecken, als die kölsche Band „De Bajaasch“, wie übrigens am Abend zuvor, die Festhalle noch einmal in ihren Grundfesten erschütterte.

100 % echt und 100 % Gefühl, auch wenn die „buckelige Verwandtschaft“ auf der Bühne stand. Kölsche Tön rissen mit und die längst strapazierten Stimmbänder mussten nochmal ran, um dem FKV in einem breiten Konsens zu bestätigen: Wir kommen im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder. (cs)

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